Wunder muss man selber machen
Menschen zweiter Klasse? „Zeit, etwas zu ändern!“, dachte sich Sina Trinkwalder und gründete in Augsburg keine NGO, sondern das Textilunternehmen „manomama“ für Menschen mit geringen Chancen am ersten Arbeitsmarkt. Die Chefin kämpft mit vielen Widerständen: Banken, die ihr soziales Geschäftsmodell nicht verstehen wollen, Politiker die gern reden, Wirtschaftsförderer, die lieber mit „Haischrecken“ kungeln als regionale Unternehmen zu fördern. Doch aufgeben ist nicht ihr Motto, sondern Mut haben, das Glück zwingen und auf Menschen vertrauen. Sie ist zweifelsohne eine Idealistin, die es aber schafft, nicht an der Realität zu zerbrechen, sondern sie zu formen.
Dieses Buch ist schonungslos, emotional und erfrischend ehrlich. Halbe Sachen akzeptiert Trinkwalder nicht, sei es bei Bio, Nachhaltigkeit oder Brandschutzabkommen für Bangladesch. Da bekommen einige einen ordentlichen Schuss vor den Bug. Das können andere Autoren zwar auch, doch Trinkwalder geht mit gutem Beispiel voran, zeigt, wie sie es mit ihrem Unternehmen geschafft hat, wie sie mit Menschen und Geschäftspartnern umgeht. Rückschläge inbegriffen. Denn auch Langzeitarbeitslose können sich als undankbare Egomanen entpuppen. Aber da sind ja noch ihre Ladies. Frauen, die einem richtig Mut machen, die zeigen, dass über 50 noch eine Menge geht, die zupacken und eine enorme menschliche, sogar unternehmerische Reife zeigen. Dieses Buch beschönigt nichts. Es lässt uns tief in die Welt Trinkwalders eindringen, bis ins leidende Familienleben hinein. Hier wird Realität beschrieben in erfrischend unterhaltsamem Stil. Es lohnt sich, unangepasst zu sein.
Matthias Daberstiel
Sina Trinkwalder. Wunder muss man selber machen. Wie ich die Wirtschaft auf den Kopf stelle.
Droemer. 2013. 255 Seiten.
ISBN 9783426276150. 16,99 €.