"Ägypten ist ein Schlüsselland für die FNF"

Dr. Ronald Meinardus am Tahrir Platz in Kairo

Die politischen umstürze in Ägypten bewegen nicht nur die deutschen Medien. Auch einige politische Stiftungen sind in dem Land aktiv und engagieren sich von Kairo aus in Nordafrika. Eine von ihnen ist die Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit (FNF). Dr. Ronald Meinardus leitet das Regionalbüro Mittelmeerländer der Friedrich Naumann Stiftung in Kairo und hat den Umsturz aus nächster Nähe mitverfolgt. Im Interview mit unserem Autor Paul Stadelhofer spricht er von den Entwiclungen der vergangenen Jahre, von seinen persönlichen Eindrücken und von den Zielen der Stiftung.

Wie haben Sie die politischen Umwälzungen vor zwei ein halb Jahren erlebt?

Das habe ich mir nicht nehmen lassen. Ich war am denkwürdigen 25. Januar 2011, als alles losging, und an vielen Tagen danach auf dem Tahrir-Platz. Das war eine ganz besondere Stimmung - im Rückblick. Als Vertreter einer politischen Stiftung mit einem liberalen Programm ist es ein Privileg, Zeuge zu werden, wenn Menschen friedlich gegen einen autoritären Herrscher aufbegehren. Viele politische und persönliche Freunde waren Teil der Tahrir-Revolution und somit hat der ganze Vorgang noch eine zusätzliche Dimension erhalten. Vor diesem Hintergrund sind die aktuellen Entwicklungen in Ägypten natürlich sehr bedrückend, ja deprimierend. Viele Dinge sind falsch gelaufen in den letzten zweieinhalb Jahren, kein Zweifel.

Welchen Einfluss hatte der Umsturz damals auf Ihre Arbeit?

Man muss das in Etappen oder in Phasen sehen. Die ersten Monate nach dem Sturz Mubaraks waren eine sehr aktive Zeit für uns, wir hatten viele neue Anfragen und Programme, nicht zuletzt auch, weil es neue Mittel von unseren deutschen Zuwendungsgebern, konkret dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), für Bildungsaktivitäten gab. Als dann die Behörden zur Jahreswende 2011/2012 gegen die internationalen Organisationen vorgingen, waren wir – anders als die Konrad-Adenauer-Stiftung, zwar nicht direkt betroffen. Aber das Klima hatte sich über Nacht verschlechtert, da eine regelrechte Kampagne gegen ausländische Stiftungen losgetreten worden war. Wir erhielten konkrete Hinweise, dass wir unsere politische Bildungsarbeit „entpolitisieren“ sollten. Das ist gar nicht so einfach, da wir doch mit festen Partnern nach programmatischen Zielvorgaben arbeiten. Nun, wir haben uns an die neuen Erwartungen unserer Gastgeber, also der ägyptischen Regierung, angepasst und im vergangenen Dezember – nach einigem Hin und Her – habe ich ein Kooperationsabkommen mit dem Jugendminister unterschrieben. Auf dieser Grundlage arbeiten wir jetzt in diesem wichtigen Land. Inwieweit die aktuellen politischen Turbulenzen sich auf unsere Arbeit auswirken werden, ist noch nicht absehbar.files/aktuelles/aktuelle_nachrichten/2013/07_Juli/Frauen gegen Mursi.JPG

Wurde auch die FNF von der „Verfolgung“ von NGOs in den vergangenen Montaten betroffen?

Es hat ein juristisches Verfahren gegeben, das uns unmittelbar nicht betroffen hat. Aber natürlich sind wir mittelbar betroffen, wenn die Kollegen einer anderen deutschen Stiftung auf diese Weise ins Kreuzfeuer geraten. Meine Stiftung hat sehr deutlich gemacht, dass wir das Urteil für nicht akzeptabel und völlig unbegründet halten. Anders als die Adenauer-Stiftung haben wir unsere Tätigkeit zu keinem Zeitpunkt ausgesetzt. Ägypten ist ein Schlüsselland für die FNF; wir unterhalten hier unser Regionalbüro. Nach Jahrzehntelanger Tätigkeit sind wir längst ein fester Bestandteil der deutsch-ägyptischen Beziehungen geworden. Es ist wichtig, dass dies nicht nur unsere Meinung ist, sondern auch die unserer ägyptischen Partner.

Wie haben Sie die Ereignisse der vergangenen Tage in Ägypten wahrgenommen?

Was auf den Straßen und den Plätzen passiert, lässt mich natürlich nicht kalt. Ich leite hier ein Büro mit vielen ägyptischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und natürlich fühlen wir die Anspannung. Es sind außergewöhnliche Umstände. Wir können nur hoffen, dass die Gewalt nicht weiter eskaliert und die Vernunft wieder einkehrt.

Was sind die kurz- und mittelfristigen Ziele Ihrer Arbeit in Ägypten und wie wollen Sie diese umsetzen?

Um es ganz allgemein auszudrücken: mit politischer Bildung einen Beitrag zur Stärkung der Demokratie zu leisten. Das ist ein sehr allgemeines Ziel, das wir natürlich herunterbrechen müssen, um konkret in der Tagesarbeit damit etwas anfangen zu können. Unsere Zielgruppe sind zumeist junge Ägypterinnen und Ägypter, die ein offenes Ohr für das Freiheitsthema haben. Der Liberalismus wird in diesem Teil der Welt – nicht zuletzt als Ergebnis von systematischen Kampagnen – falsch verstanden. In unseren Seminaren diskutieren wir mit unseren Partnern, ob und wie liberale Lösungen geeignet sind, die gewaltigen Probleme Ägyptens in den Griff zu bekommen.

Dr. Ronald Meinardus ist der Leiter des Regionalbüros Mittelmeerländer der Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit. Vor Antritt dieser Tätigkeit in Kairo im Frühjahr 2007 vertrat Dr. Meinardus die Stiftung in Griechenland, Südkorea und den Philippinen. Nach dem Studium der Politikwissenschaft und der Geschichte an der Universität Hamburg volontierte er bei der Deutschen Welle, wo er unter anderem als Leiter des Griechischen Programms von DW-Radio tätig war.
Fotos: Meinardus

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