Wie spreche ich große Unterstützer an? - Erfahrungen von SOS-Kinderdorf International

Katharina Steinkellner ist Head of Global Leadership Giving bei SOS-Kinderdorf International. Im Interview mit unserem Autor Paul Stadelhofer erklärt sie, wie sich der Ausbau der Beziehungen zu Großspendern und Unternehmenspartnern bei SOS-Kinderdorf entwickelt hat und worauf es in der Zusammenarbeit ankommt.

Der Titel Ihres Workshops lautet „State your case! How to appeal to Leadership Giving Donors?” Worum geht es dabei?

Unter Leadership Giving Donors verstehen wir drei spezifische Spendergruppen: Die Großspender, die Unternehmenspartner und die Stiftungen, womit eher die privaten Stiftungen als die institutionellen Stiftungen gemeint sind. Wir wollen Menschen ansprechen, die Einfluss und Zugriff auf Mittel aus diesen drei Bereichen haben.

Ein Beispiel: Der Vorstandsvorsitzende eines Konzerns entscheidet über die CSR-Strategie des Unternehmens und wählt NGO-Partner aus. Er könnte aber auch Einfluss auf die Unternehmensstiftung nehmen, und zuletzt entscheidet er, wie er sein privates Vermögen philanthropisch einsetzen möchte.

 

Und in diesen Bereichen soll er Geld spenden?

Uns geht es dabei nicht nur um finanzielle Beiträge. Menschen mit großem gesellschaftlichem und unternehmerischem Gestaltungsspielraum können einer Organisation wie der unseren noch viel mehr bieten als nur monetäre Unterstützung. Sie können Netzwerke eröffnen, in der externen Positionierung helfen und viel an Expertise und Erfahrung teilen.

Es geht um einen holistischen Blick auf Entscheidungsträger und um eine persönliche Ansprache. Egal von welcher Seite man Zugang zu diesen Personen bekommt, ob über das Unternehmen, die Stiftung oder als Privatperson, es braucht immer maßgeschneiderte Präsentationen und persönliche Gespräche, also „eins zu eins Fundraising“.

 

Wie hat sich dieser Ansatz von Leadership Giving Donors bei SOS-Kinderdorf entwickelt?

SOS-Kinderdorf ist historisch eine „Individual Giving Organisation“. Unsere Stärke, oder besser unsere Fundraising-DNA, liegt in Einzelspenden und Kinderpatenschaften. Unser Gründer, Hermann Gmeiner, hat aber schon 1952 für den Bau des zweiten Kinderdorfes ein wenig außerhalb von Wien Unternehmenspartner für einzelne Familienhäuser gefunden. Dieser Bereich war also auch schon lange ein Bestandteil unseres Fundraising-Portfolios.

Der strategische Fokus auf Großspender und die Stiftungen ist allerdings eine neue Entwicklung in unserer Organisation. Wir sind dann auch gleich richtig auf den Leadership-Giving-Zug aufgesprungen und haben eine holistische Strategie entwickelt, um diese Zielgruppe anzusprechen. Da geht es also wirklich auch um den Case for Support.

 

Was verstehen Sie unter Case for Support? Wie hat sich Ihre Strategie genau entwickelt?

Was wir sehen, ist, dass diese Spendergruppen immer anspruchsvoller werden und auch immer besser informiert sind, was internationale Entwicklungszusammenarbeit anbelangt. Bill und Melinda Gates verstehen wahrscheinlich mehr von Public Health als viele Mitarbeiter in NGOs. Es ist notwendig geworden, individuell für jede einzelne Person, jede einzelne Stiftung oder jedes einzelne Unternehmen Interessenlagen zu analysieren und zu überlegen, welcher Nutzen aus einem gemeinnützigen Engagement erwartet wird.

Bei Unternehmen ist das natürlich stark auf den Business-Case ausgerichtet und an der Frage orientiert, wie eine Aktion die Unternehmensziele stärkt. Philanthropen und Privatpersonen haben hingegen andere Motive. Das reicht von einer eher intrinsischen Motivation, etwas an die Gesellschaft zurückgeben zu wollen, bis hin zu Social Impact Investment oder Venture Philanthropy, wo es darum geht, ein „gutes“ Geschäft zu machen. Wir schauen, wo wir als Organisation dazupassen und einhaken können und wie wir unsere Programme dafür bestmöglich positionieren und verpacken.

 

Gibt es ein griffiges Beispiel dafür, wie man diesen Prozess gestaltet?

Ein gutes Beispiel ist unsere Unternehmenspartnerschaft mit der Deutschen Post DHL Group. Hier war am Anfang des Kontakts der Anspruch da, ein gemeinsames Ziel für eine Partnerschaft zu formulieren, das auch auf Unternehmensseite positiv wirkt. Unsere Arbeit bei SOS-Kinderdorf hat mit dem Logistik-Geschäft auf den ersten Blick herzlich wenig zu tun.

Die Verbindung mit dem Kerngeschäft war also keine augenscheinliche und es bedurfte einiger Treffen und Workshops und viel gedanklicher Arbeit, um die Strategie und Ziele des Unternehmens zu verstehen. Dabei haben wir gelernt, dass im Bereich Human Resources das Ziel verfolgt wird, „Employer of Choice“ zu sein. Dort konnten wir anknüpfen und eine Partnerschaft entwickeln, die sich auf Unternehmensseite auf die Mitarbeiter und auf unserer Seite auf die Jugendlichen konzentriert. Den Jugendlichen soll durch den direkten Kontakt mit den Mitarbeitern der Deutschen Post der Zugang zur Arbeitswelt erleichtert werden.

 

Es geht also eher um Corporate Volunteering?

Genau. Es geht sehr stark darum, verschiedene Angebote für die Jugendlichen zu entwickeln, die zu den jeweiligen lokalen Bedürfnissen passen. Das kann ein Trainingsangebot sein, Unterstützung beim Verfassen des Lebenslaufs oder ein Praktikum. Das sind also immer abgestimmte Inhalte, die für die Jugendlichen vor Ort interessant und relevant sind und die die Mitarbeiter auch leisten können.

 

Es geht also nicht nur um Geld?

Nicht nur, aber auch. Vorrangig geht es um „employability“, also um die Fähigkeit, einen Job zu finden. Die Stärkung dieser Fähigkeit steht zwar im Zentrum der Partnerschaft – ist aber nur ein Element, das Jugendliche auf dem Weg in die Selbständigkeit unterstützt. Wichtig ist auch, dass sie ein sicheres, liebevolles Zuhause haben und eine adäquate Ausbildung machen können. Vom Partner kommt daher auch finanzielle Unterstützung für unsere Jugendeinrichtungen. So können wir für die Jugendlichen gemeinsam mit der Deutschen Post ein Gesamtpaket schnüren.

 

Das hat sich im Dialog entwickelt?

Ja. Im Austausch und mit einer sehr großen Offenheit. Es beginnt mit Ideen für ein gemeinsames Thema, die sorgfältig gemeinsam weiterentwickelt werden. Wir haben in der Vergangenheit oft den Fehler gemacht, mit fertigen Vorschlägen in ein Gespräch zu gehen und zu sagen: „Wäre das nicht ein tolles Projekt?“ Hier ging es mehr darum zuzuhören und zu verstehen, wie die Deutsche Post ihre Ziele versteht und was im Unternehmen passiert.

Foto: PR

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