Online-Spendenshop: Vom kommerziellen Web lernen

Non-Profit und Kommerz? Wie soll das zusammengehen? Auf den ersten Blick gar nicht. Und doch können NGOs vom Online-Handel lernen, denn beide verfolgen dasselbe Ziel: Geld einnehmen. Was für die einen der Verkauf von Produkten ist, sind für NGOs Spendenerlöse. Sind diese zweckgebunden, steht einem Online-Spendenshop nichts im Weg. German Doctors machen es vor.

 

Von Christoph Salzig

 

Doch auch hier gilt: Leichter gesagt als getan, denn ein einfacher Spendenshop allein ist noch längst keine Garantie für große Einnahmen. NGOs müssen stärker in Produkten denken, Konfigurationsmöglichkeiten bieten und Transparenz schaffen – ganz so, wie es im klassischen E-Commerce bereits seit Jahren der Fall ist.

 

German Doctors setzen auf mehr Einfluss für Spender

So geschehen bei der Nichtregierungsorganisation German Doctors. Gemeinsam mit der Digitalagentur JUNGMUT Communication haben sie einen Spendenshop ins Leben gerufen, der auf interaktive Weise dazu anregt, Gutes zu tun. Anstatt einfach einen Spendenbetrag festzulegen, kann der Spender hier einen individuellen Arztkoffer zusammenstellen, mit dem er Helfer in Krisengebieten unterstützt, und so einen konkreten Bezug zu seiner Spende und den Bedürftigen aufbauen.

1983 unter dem Namen „Ärzte für die Dritte Welt“ gegründet, entsendet German Doctors nunmehr seit mehr als 30 Jahren unentgeltlich arbeitende Ärztinnen und Ärzte in Krisengebiete wie zum Beispiel Bangladesch, Kenia, Sierra Leone oder die Philippinen. Die Ärzte arbeiten für German Doctors in ihrem Jahresurlaub oder Ruhestand für einen Zeitraum von sechs Wochen und verzichten dabei auf jegliche Vergütung. Durch Spenden wird es der Organisation unter anderem ermöglicht, ihre Ärzte vor Ort mit den nötigen Medikamenten und Materialien auszustatten.

Für German Doctors ist vor allem das Thema Transparenz von großer Bedeutung. Immer wieder geraten Organisationen wegen des Missbrauchs von Spendengeldern in die Kritik. Daher gilt es, mit der gebotenen Transparenz deutlich und nachvollziehbar zu machen, wofür die Spendenerlöse verwendet werden. Überdies stehen NGOs täglich vor der Herausforderung, überhaupt für die notwendige Motivation zum Spenden zu sorgen. Oftmals fehlen die richtigen Anreize.

Wer Spendern jedoch mehr Einfluss gibt, schlägt gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits werden sie stärker in den Spendenprozess eingebunden und können sich mit dem Projekt besser identifizieren, andererseits erhalten sie einen tieferen Einblick in die Verwendung der eigenen Spenden.

 

Spender packen „eigenen“ Arztkoffer

Das war auch das Ziel von German Doctors. Mit dem Launch ihres neuen Spendenshops sollte zugleich ein Format des Spendens geschaffen werden, das den Spender stärker in den Prozess integriert. In Zusammenarbeit mit der Agentur kam schließlich der entscheidende Einfall: der selbst zusammengestellte Arztkoffer. Ob Grundausrüstung für Ärzte, Hygieneschutzset, Impfpakete oder Laborausstattung – der Spender kann seinen Koffer individuell zusammenstellen, was den Wert seiner Spende erstmals wirklich greifbar macht.

Kritik gegen dieses Konzept, etwa dass es dem Spender zu viel Einfluss gibt und eine derartige Priorisierung von Hilfsprojekten durch Außenstehende nicht angemessen sei, kontert German Doctors: „Unsere Projekte haben alle ihre individuelle Berechtigung. Es gibt nicht das eine Projekt, das wichtiger ist als das andere, denn alle sind gleichermaßen unterstützenswert. Daher ist es für uns unproblematisch, dem Spender hier die Wahlfreiheit zu überlassen,“ so Florian Rühmann, verantwortlich für den Bereich Online-Fundraising bei German Doctors. Und sollte ein Produkt mal besonders stark nachgefragt werden, sodass der Bedarf gedeckt ist, wird es im Shop entsprechend kenntlich gemacht. Dadurch bleibt der Arztkoffer authentisch und versorgt Helfer gezielt mit Produkten, die tatsächlich vor Ort benötigt werden.

Die ersten Reaktionen auf die neue Art des Spendens sind durchweg positiv. Der Shop ist stark auf das „Spenden statt Schenken“-Prinzip ausgelegt. „Spenden statt Schenken“ folgt der Idee, an Festtagen wie Geburtstag, Muttertag oder Weihnachten statt Blumen oder Ähnlichem eine Spende zu verschenken. Das bringt gleich dreifach Freude: Die German Doctors freuen sich über die Ausrüstung für ihren Einsatz, Patienten vor Ort können dank der gut gefüllten Koffer besser behandelt werden und der Beschenkte hat Gewissheit, Menschen in Not geholfen zu haben.

Mehr Infos zu German Doctors finden Sie auf der Homepage.

Foto: Miro May Photography

 

 

Christoph Salzig ist freier Journalist sowie Gründer und Geschäftsführer der Kommunikationsagentur Primus Inter Pares. Der studierte Kommunikationswissenschaftler war viele Jahre Pressesprecher des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. und ist Experte für Kommunikation und digitales Business. Er schreibt seit vielen Jahren über Online-Trends und Entwicklungen – als Fachjournalist, Blogger sowie Autor von Gast- oder Buchbeiträgen.

 

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