Deutsche Stiftungen und der Nachwuchs

Laut der „Stifterstudie“ aus dem Jahr 2015 ist jeder zweite Stifter Rentner oder wird demnächst in den Ruhestand gehen. Wie sieht es also mit dem Nachwuchs aus? Sind Stiftungen, die per se bewusst auf Dauer angelegt sind, attraktiv für jüngere Generationen, für die sich die Welt via Internet und Smartphone immer schneller zu drehen scheint?

 

Von Ute Nitzsche

Die Pressemitteilung klang vielversprechend: Eine Junge Bürgerstiftung hat sich gegründet, ein Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit einem Gymnasium. Schüler engagieren sich dort ehrenamtlich und werden dabei von der Schulleitung und von Stiftungsrats- und Vorstandsmitgliedern der ortsansässigen Bürgerstiftung begleitet. So weit, so gut. Auf Nachfrage ein Vierteljahr später sind jedoch kaum nennenswerte Ergebnisse zu verzeichnen, eine Berichterstattung lohne sich (noch) nicht, so der Verantwortliche am Telefon. Der anfängliche Enthusiasmus der Jugendlichen lasse inzwischen zu wünschen übrig. Steht das Projekt also beispielhaft für nachlassendes Engagement und Interesse des Nachwuchses an Stiftungen? Tut sich hier gar eine Art Generationenkonflikt auf?

Auch junge Leute gründen Stiftungen

Ganz so dramatisch ist es zum Glück nicht. Im Gegenteil, junge Menschen bringen sich gern und mit viel Herzblut in die Stiftungsarbeit ein, wie Winfried Ripp, Geschäftsführer und Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung Dresden, sagt. Er hat bis jetzt größtenteils sehr positive Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit jungen Leuten in der Stiftung gemacht. Besonders augenscheinlich wird das am Projekt „Generationendialog“, bei dem sich seit 2005 regelmäßig Schüler der Klassenstufen 7 bis 10 mit älteren Ehrenamtlichen treffen und sich über Themen wie Schule und Hobbys, aber zum Beispiel auch über Krieg und Frieden austauschen. Die Moderation übernehmen dabei Studenten. Dafür gab es sogar schon mehrere Auszeichnungen, darunter 2006 den Förderpreis der Initiative Bürgerstiftungen.

Das „Erfolgsrezept“ ist simpel. „Junge Leute sind begeistert, wenn man ihre persönlichen Lebensumstände berücksichtigt“, ist sich Winfried Ripp sicher. Dazu gehört bei der Bürgerstiftung Dresden ein ständiger Ansprechpartner, der sich um die Belange der jungen Leute kümmert und aktiv an die Zielgruppe herangeht; in Dresden übernimmt diese Aufgabe eine hauptamtliche Mitarbeiterin. Außerdem sei vor allem „Vereinsmeierei“ der falsche Weg, so Winfried Ripp.

Doch junge Leute zeigen nicht nur großes Engagement im Rahmen der Stiftungsarbeit; dass die Gründung einer Stiftung kein Privileg älterer, wohlhabender Menschen ist, beweist zum Beispiel die gemeinnützige Studentenstiftung Dresden. 2003 sammelten Studenten Geld, um während der Prüfungszeit auch sonntags in der Bibliothek lernen zu können. 2005 errichteten dann Studenten und Absolventen der TU Dresden die Studentenstiftung als Unterstiftung der Bürgerstiftung Dresden. Es ist die erste dieser Art in Deutschland. „Studenten stiften für Studenten“ lautet das Motto. Über zehn Jahre später werden zahlreiche weitere Projekte rund um das Dresdner Unileben unterstützt.

Herausforderung beim Generationenwechsel

Ebenso gute Erfahrungen macht auch die „Stiftung Elemente der Begeisterung“, die in Leipzig als erste Stiftung ausschließlich von Studierenden errichtet wurde. Sie widmet sich der interkulturellen Zusammenarbeit und initiierte 2011 den Kreis Junge Menschen und Stiftungen, der in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Deutscher Stiftungen eine Plattform sein soll, auf der sich junge Menschen in vier Treffen pro Jahr über das Engagement in, für und mit Stiftungen austauschen können. Robert Benjamin Biskop, Vorsitzender des Kreises Junge Menschen und Stiftungen, kann Ähnliches berichten wie Winfried Ripp: „Es gibt keine Nachwuchsprobleme, sondern ein großes Interesse der Generation 20 bis 45 Jahre an der Mitarbeit in Stiftungen. Ich erlebe im Kreis Junge Menschen und Stiftungen eine beeindruckende Freude an der Möglichkeit des gemeinsamen Austausches.“ Von einem Generationenkonflikt möchte er keinesfalls sprechen, sondern erklärt, dass die jungen Menschen in Stiftungen Aufgaben auf der operativen Ebene erledigen und dabei meist von älteren und erfahreneren Personen angeleitet werden. Das sei aber nicht stiftungsspezifisch, sondern werde eben auch im öffentlichen Dienst und in der Wirtschaft so gehandhabt.

Was die Vorstandsarbeit angeht, geht die Stiftung „Elemente der Begeisterung“ aber mit gutem Beispiel voran: „In unserer Stiftung sind alle Mitglieder des Vorstandes unter 45 Jahre“, berichtet Robert Benjamin Biskop. Winfried Ripp sieht beim Thema Generationenwechsel eine größere Herausforderung für die Zukunft in seiner Stiftung als sein Leipziger Kollege. Entscheidend sei, die jungen Leute langfristig zu binden, sodass sie auch später ehrenamtlich weiterarbeiten. Auch für die Mitarbeit im Stiftungsrat werde die jüngere Generation immer wieder gezielt angesprochen und habe bis jetzt auch immer äußerst positiv auf Anfragen reagiert. Die Bereitschaft sei groß, nun muss der eigentliche Generationenwechsel nur noch vollzogen werden, ohne dabei ältere, etablierte Mitarbeiter vor den Kopf zu stoßen. Nicht immer eine leichte Aufgabe, betrachtet man jedoch das große Engagement der Jüngeren, muss einem wohl um die Zukunft der deutschen Stiftungen nicht bange sein.             

www.studentenstiftung.de

www.buergerstiftung-dresden.de

www.edb-stiftung.de

Foto: nyul/Quelle: Fotolia

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