Verbrauchsstiftungen: Wohltätigkeit mit Verfallsdatum

Geeignet: Verbrauchsstiftungen in der Flüchtlingsarbeit

Darum geht‘s: Fundraising, Stiftungen, Verbrauchsstiftungen, Flüchtlingshilfe

Die Zinsen sind weiterhin auf dem Tiefpunkt – für Stiftungen eine echte Herausforderung. Eine sinnvolle Alternative sind Verbrauchsstiftungen, die im Gegensatz zu „normalen“ Stiftungen nicht auf Ewigkeit angelegt sind und auch mit ihrem Grundkapital statt nur mit ihren Erträgen fördern können. Sie bieten sich zum Beispiel für Kommunen und Kreise innerhalb der Flüchtlingsarbeit an.

Nach einer aktuellen Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gehen 95 Prozent der befragten Stiftungen davon aus, dass ihre Einnahmen in den nächsten vier bis fünf Jahren sinken werden. Entsprechend rechnen 82 Prozent damit, dass sie ihre Fördertätigkeit einschränken müssen. Die Möglichkeit, Stiftungsgelder in Aktien zu investieren, um ihr Kapital zu erhöhen, wird eher selten angewendet, da diese Vorgehensweise aufgrund des schwankenden Aktienmarktes stark risikobehaftet ist. Somit haben Stiftungen, die ihr Kapital sicher anlegen müssen, mittelfristig so gut wie keine Chance mehr, Erträge zu erwirtschaften. Und damit können sie auch nicht mehr ihrem Stiftungszweck – der Förderung gemeinnütziger oder mildtätiger Aufgaben – nachgehen.

Verbrauchsstiftungen gewinnen an Bedeutung

Vor diesem Hintergrund gewinnen Verbrauchsstiftungen, bei denen neben den Kapitalerträgen auch mit dem Grundkapital gefördert werden kann, immer mehr an Bedeutung. Ist das Vermögen – bestenfalls mit Erfüllung des Stiftungsziels – aufgezehrt, endet die Stiftung. „Allerdings ist die Umwidmung einer klassischen Stiftung in eine Verbrauchsstiftung rechtlich nicht ganz unproblematisch“, erklärt der Jurist Dr. Stefan Berz, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Partner bei der Sozietät LKC Kemper Czarske v. Gronau Berz aus Grünwald bei München. „Unmöglich ist es aber nicht, etwa wenn Zustiftungen zu erwarten sind, mit denen sich mögliche Kapitallücken wieder schließen lassen.“ Für eine Umwandlung wird in jedem Fall die Zustimmung der Stiftungsbehörden benötigt. Und deren Praxis ist einheitlich restriktiv: „Der Vermögensverbrauch wird als Ultima Ratio betrachtet, der nur infrage kommt, wenn sich die Stiftungszwecke nicht mehr anders erfüllen lassen“, sagt Berz.

Die Neugründung einer Verbrauchsstiftung ist hingegen ungleich einfacher. Dabei soll das Grundstockvermögen nach dem Willen des Stifters in einer bestimmten Zeitspanne ganz oder zum Teil für die Verwirklichung des Stiftungszwecks eingesetzt werden. In Deutschland wird das Instrument der Verbrauchsstiftung noch eher selten genutzt. Experten gehen aber davon aus, dass sich das in Zukunft ändern wird. Denn insbesondere auch für die Lösung mittelfristiger Probleme und Aufgaben – etwa die Bewältigung des Flüchtlingsaufkommens – ist die Verbrauchsstiftung ein probates Mittel zur Finanzierung. Gerade Kommunen und Kreise können damit einen Weg beschreiten, der ihnen viele interessante Möglichkeiten bietet.

Ewigkeitsstiftung vs. Verbrauchsstiftung

Allerdings ist grundsätzlich zwischen öffentlich-rechtlichen und privat­rechtlichen Stiftungen zu unterscheiden: Die privatrechtliche Stiftung ist in den §§ 80 ff BGB geregelt. Die öffentlich-rechtlichen Stiftungen haben keine einheitliche gesetzliche Behandlung. Sie sind in das System der staatlichen Verwaltung eingegliedert und erfüllen öffentliche Aufgaben. Dabei können in beide Stiftungen die unterschiedlichsten Vermögenswerte einfließen, etwa Bankguthaben, Finanzanlagen, Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kunstwerte und alle möglichen sonstigen Sachwerte.

Zu beachten ist die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Ewigkeits- und Verbrauchsstiftung. So kann der Stifter einer Verbrauchsstiftung nur die allgemeinen spendenrechtlichen Abzugsbeträge des § 10 b Abs. 1 EStG in Anspruch nehmen. Die Summe der Zuwendungen darf also zwanzig Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht überschreiten. Und der Sonderausgabenabzug von bis zu einer Million Euro darf im Gegensatz zu herkömmlichen Stiftungen nicht in Ansatz gebracht werden. Doch auch die Verknüpfung beider Stiftungsvarianten stellt eine Option dar: So kann in der Satzung durchaus geregelt werden, dass neben einem nicht verbrauchbaren Vermögen die Stiftung ergänzend mit einem zu verbrauchenden Vermögen ausgestattet wird.

Gesetzlich genau geregelt

Dass viele Berater dennoch selten zur Gründung einer Verbrauchsstiftung raten, liege laut Berz einerseits an der noch bestehenden Zurückhaltung bei der Anerkennung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde, andererseits aber auch an der mangelnden Erfahrung mit der Gründung von Verbrauchsstiftungen. „Das ist eigentlich schade, da der Gesetzgeber das Recht auf Errichtung einer Verbrauchsstiftung ausdrücklich geregelt hat“, stellt der Experte fest. „Insofern sollten Kommunen und Kreise dieses sinnvolle Instrument gerade bei der Integration von Flüchtlingen in ihre Überlegungen mit einbeziehen.“

Text: Ulrich Erler
Foto: DorSteffen/AdobeStock

Ulrich Erler wurde 1963 geboren und ist im Nordschwarzwald aufgewachsen. Nach einem Wirtschaftsstudium und einer journalistischen Ausbildung war er zunächst an unterschiedlichen Stellen der Unternehmenskommunikation tätig. Seit etwa zehn Jahren lebt er in Frankfurt am Main und arbeitet dort als freier Autor für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Themen. Neben seiner journalistischen Arbeit engagiert er sich immer wieder auch für Non-Profit-Projekte.

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