„Gehen Sie in ein Land wo viele Leute Fundraising betreiben!“

Alden Briscoe - Brakeley Briscoe

Alden Briscoe berät in den USA Non-Profit-Organisationen und ist seit etlichen Jahren als Headhunter aktiv. Briscoe spürt Fundraiser in den USA auf und vermittelt sie an Organisationen aus Europa und Asien. Im Interview mit unserem Autor Paul Stadelhofer erklärt er, wie sich die Anforderungen an Fundraiser in den vergangenen Jahren gewandelt haben und gibt Tipps dazu, wo Sie die Top-Spezialisten finden.

Warum lohnt es sich besonders in den USA nach qualifizierten Fundraisern zu suchen?
Ich denke, wie in jedem anderen Bereich handelt es sich hier um eine Tätigkeit, die Erfahrung braucht. Wenn Sie gute Football-Spieler suchen, gehen Sie in ein Land, in dem jeder Football spielt. Wenn Sie nach guten Fundraisern suchen, gehen Sie in ein Land wo viele Leute Fundraising betreiben! Sie wissen ja: Es gibt aus einer ganzen Reihe an historischen Gründen heraus weniger Leute in Deutschland, die Fundraising betreiben.

Zur Zeit ist in Deutschland beispielsweise das Großspendenfundraising ein gefragtes Thema. Was ist besonders wichtig für einen Großspenden-Fundraiser?
Ich denke, es geht darum Zeit zu investieren und besondere Erfahrung im Großspenden-Fundraising zu sammeln, so dass Sie dazu in der Lage sind potenzielle Spender zu treffen und mit ihnen zu sprechen. Dass Sie lernen, wie sie die Beziehung kultivieren, eine Bitte stellen und so weiter und so fort.
Ich glaube nicht, dass es unbedingt schwer ist, aber es braucht Erfahrung und Übung, und wenn Sie das noch nicht getan haben oder mit einem sehr kleinen Pool an Menschen arbeiten, die so etwas schon getan haben, dann kann es durchaus schwer sein. Deswegen denke ich auch, dass es einfacher ist, Fundraiser in den USA zu rekrutieren, als in Deutschland oder in Europa generell. Wir haben Erfahrungen in Frankreich, der Schweiz und in Skandinavien und das bewahrheitet sich in jedem dieser Länder.

Wie verläuft normalerweise das Recruiting eines Fundraisers aus den USA für eine Universität oder eine andere Einrichtung in Europa?
Es ist eigentlich ähnlich wie beim Recruiting für andere Tätigkeiten. Idealerweise kennen Sie bereits eine größere Zahl an möglichen Kandidaten, die gut für eine bestimmte Position sein könnten. Zu einem gewissen Maß schalten Sie auch Anzeigen in Journalen oder auf Webseiten und an anderen Orten, wo sich auch die Leute bewegen, die einen Job suchen. Doch all die ausführenden Firmen, die Angestellte finden, sagen Ihnen das Gleiche: Suche nicht nach den Leuten, die selbst auf der Suche nach einem Job sind. Sie suchen nach Leuten, die selbst nicht auf Jobsuche sind, weil sie wahrscheinlich diejenigen sind, die die Fähigkeiten haben, die Sie suchen. Sie versuchen also gerade diese Leute davon zu überzeugen, dass ein Wechsel eine großartige Chance für sie bietet.

Gibt es Barrieren oder Probleme, auf die Sie immer wieder stoßen, wenn Sie jemanden für eine bestimmte Stelle suchen?
Wenn sie es oft tun, müssen Sie vorsichtig sein, dass Sie niemanden in eine Stelle setzen und nach einem Jahr wieder anrufen, um sie für eine andere Stelle zu begeistern. Das wäre sicher ein Interessenkonflikt, der immer wieder auftritt und auf den wir klarerweise nicht hereinfallen. Sie müssen also sicherstellen, dass Sie nach neuen und unterschiedlichen Kandidaten Ausschau halten. Wir haben in Europa und in Asien Fundraiser rekrutiert. Vor zwanzig Jahren war es noch einfach jemanden zu finden, der Fundraising versteht und auf eine Position in Hamburg oder Helsinki gesetzt werden kann.

Heute ist das nicht mehr so?
Nein. Vor zwanzig Jahren war es nämlich noch nicht nötig, dass jemand die Kultur kennt oder die Sprache. Vor zehn Jahren musste das Personal dann bereits die Sprache vor Ort beherrschen und man konnte niemanden mehr nach Finnland versetzen, ohne dass derjenige Finnisch und vielleicht auch noch Schwedisch spricht. Heutzutage müssen sie sich nicht nur mit dem Thema Fundraising auskennen und die Sprache beherrschen. Heutzutage sollen sie auch die Kultur verstehen. Deswegen ist es sicher schwieriger geworden aber auf der anderen Seite gibt es auch mehr potentielle Kandidaten.

Dann suchen Sie heutzutage also häufig nach Muttersprachlern?
Ja. Wir haben es zum Beispiel auch schon in Ländern in Asien gemacht, dass wir Auswanderer gesucht haben, die in den USA einen Job als Fundraiser in einem Krankenhaus, einem Museum oder einem Theater hatten und die wir dann – zumindest in vielen Fällen – in ihr Heimatland zurück vermittelt haben. Mein Tipp: Suchen Sie nach Expatriates. Der Vorteil dieser Methode ist, dass diese Leute die Kultur ihres Landes bereits kennengelernt haben, bevor sie das Fundraising in der US-Kultur erlernt haben. Sicher können sie nicht alles Gelernte auf ihr Heimatland übertragen, aber in vielen Fällen geht das. Das Schwierige daran ist eigentlich jemanden zu finden, der wirklich auch in sein Heimatland zurück will.

Noch einmal zurück zu der Frage, warum es überhaupt lohnenswert ist einen Fundraiser in den USA zu suchen.
Das lohnt sich, weil zum Beispiel einige Universitäten riesige Fundraising-Büros haben, wie Stanford, Harvard, die Columbia University oder die University of Texas. Dort kann es bis zu einhundert Großspenden Fundraiser geben. Dort kann man also speziell nach Fachrichtungen oder Regionen suchen. In einer solchen Abteilung gibt es auch eine große Zahl an Spezialisten wie Forscher und Rechercheure oder Großspenden-Fundraiser, die bereits über alle Informationen verfügen, die sie für ihre Arbeit benötigen. Damit können Sie sich auch auf sehr spezielle Aufgaben konzentrieren.

Nach welcher Art der Spezialisierung wird bei Anfragen aus dem US-Ausland am häufigsten gesucht?
Die meisten Anfragen stammen von Institutionen oder Organisationen, deren Fundraising-Abteilung noch sehr klein ist oder überhaupt noch nicht existiert. Meistens wird also jemand gesucht, der die verschiedensten Fundraising Bereiche kennt und der eine Abteilung aufbauen kann. Diese Person muss dann häufig in der Lage dazu sein einen Jahresplan zu entwickeln, mit einer kleinen Zahl an Großspendern zusammenzuarbeiten und eine Fundraising-Datenbank aufzubauen. Universitäten fordern häufig auch den Aufbau eines Alumni-Systems.
Wir haben zum Beispiel mit der Lund University Foundation aus Schweden zusammengearbeitet, als sie Mittel aus den USA eintreiben wollte. Sie startete eine große Capital Campaign, wir stellten dafür Untersuchungen an und berieten sie dazu, wie sie mit ihrem Fundraising in den USA fortfahren sollte. An den Beginn unseres Berichts setzten wir ein Zitat von einem ihrer Graduierten, der unter anderem auch an der John Hopkins University in Baltimore in den USA studiert hatte. Er sagte: “Als ich die Universität in Lund verlassen habe, habe ich für zwanzig Jahr kein Wort mehr von dort gehört. Als ich die John Hopkins University verlassen habe, war ich nie wirklich weg von dort. Alle sechs Monate rief mich jemand an, der wollte dass ich in einem Seminar sprechen soll, der Mentor für einen Studenten werde, die Fragen eines Professors beantworte oder Geld gebe. So hielt meine Beziehung an.” Wir schrieben also auch in unsere Untersuchung, dass das kein Problem der Fundraising Abteilung ist, sondern eines der gesamten Universität.

Handelt es sich dabei nicht auch um eine kulturelle Eigenheit in den USA?
Doch. Wir empfahlen auch, dass der Kanzler der Universität, die Dekane und die Fakultäten sicherstellen müssen, dass sie eine Beziehung zu den Studenten und Alumni aufrecht erhalten. Ich war im Mai auch in Stockholm und habe dort mit einer Ökonomin gesprochen. Sie sagte, dass es unter ihren Kollegen immer belächelt wurde, dass die Universitäten – nachdem sie gegangen waren – nie den Kontakt gesucht und auch keine Beziehung aufrecht erhalten haben.

Wo wäre es sinnvoll mit der Suche nach einem US-Fundraiser zu beginnen?
Wenn sie beispielsweise nach jemanden mit speziellen Erfahrungen suchen, der besonders gut darin  ist mit Unternehmen zusammen zu arbeiten oder dessen Stärke darin liegt eine Datenbank aufzubauen, dann sollten sie in Organisationen mit einer großen Fundraising-Abteilung suchen. Das ist der einzige Platz, an dem eine wirkliche Spezialisierung gefunden wird. In einer kleineren Organisation mit einer Abteilung von ein, zwei oder drei Fundraisern finden Sie Allrounder, die sich ein wenig mit Datenbanken, ein wenig mit Unternehmen und ein wenig mit Großspenden auskennen.

Wo sind die größten Fundraising Abteilungen zu finden?
Größtenteils an Universitäten. Eine zweite Gruppe könnten die Krankenhäuser und eine dritte Gruppe vermutlich die großen kulturellen Einrichtungen sein, wie Opern oder Museen. Sie sollten also an den Universitäten anfangen. Die haben verschiedene Major Gift Officers, PR-Menschen, Rechercheure und Datenbank-Spezialisten sowie Leute in der Spenderbetreuung. Um in den USA Karriere zu machen bewegen sich die Leute auch häufig zwischen einer Funktion als Spezialist und als Manager hin und her. Das führt natürlich auch zu Ineffizienz, weil die Leute relativ häufig ihren Job wechseln. Das ist ein Nachteil, weil diejenigen immer wieder neue Kontakte, Prozesse und Insitutionen kennenlernen müssen. Es ist aber auch ein Nachteil für die Spender, die eine Beziehung zu jemandem aufgebaut haben, der dann geht.

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