Big Data – den Spender-Charakter im Daten-Porträt erkennen

Big Data Fundraising Spender Profil erkennen
Egon Schieles bekanntes Selbstporträt inspirierte unseren Autor zu „Egon in Zahlen“.

Darum geht's: Fundraising, Spender, Spender-Profile, Psychologie, Big Five

Ein Profil der eigenen Spender zu erstellen, ist keine Hexerei – und klappt auch mit den neuen Datenschutzregeln. Dazu braucht es für den Anfang nur einen Blick auf das tatsächliche Spendenverhalten, die Reaktion auf Ihre Ansprache und im zweiten Schritt einige soziodemografische Fakten. So erhalten Sie ganz einfach ein Spender-Porträt.

Wollen Sie nicht auch Ihre Spender besser kennenlernen; ihnen die passenden Informationen schicken, damit die Zuwendung möglichst großzügig ausfällt? Nur, wie stellt man das am besten an – auch in Zeiten der neuen Datenschutzgrundverordnung?

Blicken wir zuerst über den Tellerrand, in das digitale Universum. Was machen Facebook und Co., um Ihnen die passenden Informationen auszuspielen? Diese Internet-Größen analysieren, was Sie interessiert. Mit jedem Like und Klick setzen Sie eine Handlung. Daraus entwickelt sich ein Profil. Aber wie?

Beginnen wir bei Facebook – noch vor dem jüngsten Datenskandal – mit den Forschungsarbeiten des Psychologen Michal Kosinski. Seine Untersuchungen sind eine Empfehlung, wenn Sie sich für Big Data interessieren. Er unterrichtet im Silicon Valley an der Stanford University und hatte sich eine Frage gestellt: Lassen sich Persönlichkeitsmerkmale über Facebook-Likes erkennen? Die Antwort ist: Ja. Das alleine ist noch nicht spannend. Viel interessanter ist, was er wie entdeckt hat – und mit welchen Folgen.

Facebook-Likes der Spender analysieren

Stellen Sie sich vor, zigtausende Menschen füllen einen Persönlichkeitsfragebogen aus. Der Klassiker dazu bezieht sich auf die sogenannten Big Five in der Psychologie. Das sind fünf Dimensionen, die den Charakter eines Menschen beschreiben, wie beispielsweise Offenheit für neue Erfahrungen. All diese Menschen schalten dann ihr Facebook-Profil für die anschließende Analyse frei, damit die Dimensionen mit den Likes korreliert werden können. Plus: Sie beantworten nicht nur die Fragen für sich, sondern schätzen auch Arbeitskollegen, Freunde und Partner ein.

Fassen wir zusammen: Wir haben ein Charakterprofil durch einen psychologischen Fragebogen – als Selbst- und als Fremdeinschätzung. Und: Wir haben die Likes aus dem Facebook-Profil. Das Spannende daran ist, dass es nach dieser Analyse keinen Fragebogen mehr braucht, um die fünf Charakter-Dimensionen zu erkennen. Der „Computer“ kann sie aus den Likes errechnen. Erstaunlich gut sogar: Mit nur elf Likes ist das Modell genauso gut wie ein Arbeitskollege, also mit nur elf Informationen. Mit knapp 300 Likes ist der Computer so exakt wie der langjährige Partner! Noch einmal: Niemand muss mehr befragt werden, nur die Likes werden analysiert.

Wie ist das im Fundraising?

Millionen Klicks, tausende Likes. Internet-Giganten verwalten unglaublich viele Daten, analysieren mit Deep-Learning-Algorithmen und künstlicher Intelligenz. Können wir irgendwie mithalten? Wir im Fundraising mussten schon immer wissen, wer wofür gegeben hat. Das sind wichtige Daten über Taten. Harte Fakten. Auch damit lassen sich Porträts skizzieren.

Kann ich aus den Taten der Spender auf Charaktereigenschaften schließen, aus ganz „normalen“ Informationen in der Datenbank? Sehen Sie es mal so: Sie wissen, wann Sie einen Brief verschicken. Und Sie wissen in der Regel, wann jemand darauf spendet. Wer zwischen Aufruf und Spende immer wenig Zeit verstreichen lässt, ist vermutlich besser organisiert als jemand, dessen Reaktionszeit sehr unterschiedlich ausfällt. „Conscientiousness“, also Gewissenhaftigkeit, ist eine Dimension der Big Five. Damit haben Sie schon ein Indiz. Testen Sie es und schreiben Sie die „Gewissenhaften“ extra an. Passender, gezielter.

Welche Menschen auf welche Inhalte spenden, lässt sich auch feststellen. Denn Sie wissen, was Sie den Spendern schreiben. Die Reaktion auf diese Inhalte ist eine wichtige Informationsquelle und auch für die Datenschutzgrundverordnung kein Stolperstein; solange die Entscheidungen nicht automatisiert fallen und Ihre Spender die Information erhalten, wie das passiert. Profile zu erstellen ist nicht verboten. Für den schnellen Überblick empfiehlt sich die Wortwolke, die sich je nach Zielgruppe unterscheiden kann.

In die Spender hineinversetzen

Gruppen mit ähnlichen Merkmalen zusammenzufassen und daraus einen neuen Zugang zu entwickeln, ist die größte Herausforderung. Beginnen Sie bei Ihren Überlegungen – neben dem Spendenverhalten – mit Kategorien, die meist recht valide und auch zu finden sind: wie Altersklassen, Geschlecht, Haushalts- und Ortsgrößen. Versetzen Sie sich zum Beispiel in die Lage der Menschen, die vermutlich alleine leben. Schreiben Sie den Brief aus diesem Blickwinkel. Das kann helfen, Ihr Anliegen in dieser Gruppe besser verständlich zu machen. Oder überlegen Sie sich, was die Zielgruppe mit der höchsten Spendensumme – meist in der Altersklasse zwischen 70 und 80 Jahren – in der prägenden Zeit erlebt hat, als sie zwischen 15 und 20 Jahre alt war. Wenn Sie so denken, müssen Sie sich über die Fundraising-Zukunft keinen Kopf machen. Sie arbeiten schon an einem wirkmächtigen Spender-Porträt!

Und das Wichtigste zum Schluss: Keine Analysen, keine Segmentierung ersetzt eine emotionale Geschichte; aber Sie werden weniger Pinselstriche brauchen: für ein eindrucksvolles Werk.

Text: Christoph Müller-Gattol
Bild: wikipedia/bearbeitet durch den Autor des Textes

Der Artikel ist in der Ausgabe 4/2018 des Fundraiser-Magazins erschienen.

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