Bürokratie: In Österreich melden NGOs Spenden ans Finanzamt

Bürokratie in Österreich NGOs melden Spender ans Finanzamt
Dass NGOs in Österreich die Spenderdaten ans Finanzamt übermitteln müssen, verursacht eine Menge Bürokratie.

Darum geht's: Spenden, Fundraising, Fundraising Verband Austria, Spenden absetzen, NPO

Erst seit 2009 können in Österreich Spenden von der Steuer abgesetzt werden. Mehr als 350 NGOs sind auf der Liste der spendenbegünstigten Organisationen, die vom Finanzamt akzeptiert werden. Seit 2017 dürfen die Österreicher ihre Spenden nun nicht mehr selbst bei der Steuererklärung geltend machen – die NGOs müssen diese Daten an die Finanzbehörden übermitteln. Ein bürokratischer Aufwand mit Folgen.

Als der Gesetzgeber – gegen den Widerstand der Spendenorganisationen – die Spendenabsetzbarkeit neu regelte, waren das verschlüsselte bereichsspezifische Personen-Kennzeichen für Steuern und Abgaben (vbPk SA), das Datenstrom- oder Dialogverfahren, die antraglose Arbeitnehmerveranlagung sowie die Vernetzung mit dem Melderegister und FinanzOnline für die österreichische Fundraising-Szene die bestimmenden Themen.

Automatisierungsprozesse im steuerlichen Kontext halten in vielen europäischen Ländern Einzug. Seit knapp einem Jahr ist in Österreich die antragslose Arbeitnehmerveranlagung wirksam, durch die Steuerzahler ohne Abgabe einer Steuererklärung eine Steuerrückerstattung erhalten können.

Immenser Mehraufwand

Bis dato mussten Spender ihre Spenden im Rahmen einer Steuererklärung selbst an das Finanzamt melden. Seit Januar 2017 können Österreichs Spender ihre Spenden nicht mehr selbst absetzen. Gemeinnützige Organisationen sind verpflichtet, dies für sie zu erledigen, wenn Spender ihnen einmalig ihren vollständigen Namen laut Meldezettel und ihr Geburtsdatum übermitteln. Damit kann die NPO die Daten zur Spende an die Finanzbehörden weiterleiten. Um den Datenschutz zu sichern, werden diese Daten verschlüsselt übertragen und sind ausschließlich vom Finanzamt verwertbar. Betroffen davon sind rund 6500 Einrichtungen mit rund 1 bis 1,5 Millionen Spendern.

In der Theorie ein praktikables Modell, das große Erleichterungen für Spender bedeutet, hat die praktische Umsetzung für Österreichs gemeinnützige Organisationen allerdings einen immensen Mehraufwand mit sich gebracht. Tausende spendenbegünstigte Einrichtungen müssen nun neben ihrem eigentlichen Aufgabengebiet erhebliche administrative Tätigkeiten übernehmen.

Neues Modell mit Anlaufschwierigkeiten

Darüber hinaus war der Startschuss für die „Spendenabsetzbarkeit NEU“ seitens des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) mit diversen Komplikationen behaftet. Eine der Herausforderungen bestand darin, Spendern eine einfache Möglichkeit zur Übermittlung ihrer Daten anzubieten. Gemeinsam mit den Banken wurden deshalb vom Fundraising Verband Austria eine eigene SEPA-Zahlungsanweisung sowie Informationsschreiben entwickelt. Dienstleister stellten Registrierungswebsites und eigene Hotlines zur Verfügung. Dennoch enthalten etwa 10 bis 15 Prozent der übermittelten Daten Fehler und können nicht ordnungsgemäß gemeldet werden. Abhilfe schuf eine vom Fundraising Verband Austria entwickelte Software, mit der die häufigsten Schreibfehler beseitigt werden können. Die eindeutige Identifizierung der Spender war dabei nur eine der Schwierigkeiten, mussten sich NPOs und ihre Dienstleister doch zuerst beim Innen- und Finanzministerium in einem mühsamen Prozess registrieren, um die entsprechenden Zugänge und technischen Schnittstellen zu erhalten.

Die erforderlichen Umstellungen und der Kommunikationsaufwand haben sich dadurch noch vervielfacht, dass das Ministerium die notwendige technische Infrastruktur erst mit großer Verspätung bereitgestellt hat. Die meisten Organisationen konnten die erhobenen Spenderdaten dadurch erst im Herbst 2017 oder noch später auf ihre Richtigkeit testen.

Verunsicherung durch fehlende Kommunikation

Daneben sorgte die mangelhafte und viel zu spät gestartete Informationskampagne des Finanzministeriums für Verunsicherung unter den Österreichern. Der Bevölkerung konnte nicht ausreichend kommuniziert werden, was sich für sie geändert hat und was sie für die steuerliche Absetzbarkeit ihrer Spenden künftig tun muss. Laut Umfragen wussten dadurch ein halbes Jahr nach Inkrafttreten erst vier von zehn Befragten ansatzweise über die Änderungen Bescheid. Diese Verunsicherung zeigte im Hinblick auf das österreichische Spendenvolumen 2017 auch ihre Wirkung: Erstmals seit Jahren prognostizierte der Fundraising Verband Austria einen leichten Spendenrückgang.

Durch eine Verstärkung der Informationsarbeit seitens des Finanzministeriums, aber vor allem durch die Aufklärungsarbeit des Fundraising Verbands Austria und Österreichs gemeinnütziger Organisationen, ist die Neuregelung der Spendenabsetzbarkeit mittlerweile bei den Österreichern mehrheitlich angekommen. Allerdings hat sich das Verhältnis zu den Spendern nachhaltig verändert. Schlagartig war die Frage zentral, ob die jeweilige NPO alle Meldungen auch zeitgerecht und richtig übermittelt hatte.

Jeder dritte Spenden-Euro wird steuerlich abgesetzt

Insgesamt hatte sich die Spendenabsetzbarkeit in den letzten Jahren positiv auf das Spendenwesen und das Spendenaufkommen ausgewirkt. 2009 vom Gesetzgeber mit der Absicht eingeführt, das Spenden für die Österreicher attraktiver zu machen, nutzen bereits über eine Million Menschen die Möglichkeit der Spendenabsetzbarkeit. Jeder dritte Spenden-Euro wird damit in Österreich steuerlich abgesetzt. Insgesamt stieg das Spendenaufkommen auf 630 Millionen Euro an.

Text: Dr. Günther Lutschinger
Foto: yuzubayashi/fotolia

Der Artikel ist in der Ausgabe 5/2018 des Fundraiser-Magazins erschienen.

Zurück

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Mehr praktische Tipps und Ideen rund ums Spenden für Vereine, Organisationen und Stiftungen gibt es im gedruckten Heft. Das Magazin ist nicht am Kiosk erhältlich, nur exklusiv beim Verlag.
Hier geht's zur Bestellung.

Weitere informative Artikel zum Thema finden Sie hier.

Um die Nutzung unserer Website zu erleichtern, verwenden wir „Cookies“ und die Analyse-Software „Matomo“ (ehemals Piwik). Unsere Website verwendet auch „Cookies von Drittanbietern“, um Funktionen für soziale Medien anbieten zu können. Mehr dazu ...