Jahresbericht: Schickes Aushängeschild statt dröger Bilanz
Darum geht's: Fundraising, NPO, Jahresbericht, Social Reporting Standard
Einen Jahresbericht zu verfassen, macht Arbeit. Doch die kann sich lohnen. Jedenfalls wenn darin mehr zu finden ist als Zahlenkolonnen und Projektlisten. Im besten Fall ist der Bericht sogar ein Instrument zur Organisationsentwicklung, der wertvolle Chancen eröffnet. Warum der Bericht viel mehr sein sollte als nackte Zahlen, Infografiken und Fachsprache.
Ein Jahresbericht – muss das wirklich sein? Diese Frage stellen sich viele soziale Organisationen am Jahresanfang. Verpflichtet dazu sind sie nicht. „Nur Kapitalgesellschaften müssen die Jahresbilanz ihrer Finanzen und einen Lagebericht veröffentlichen“, erläutert Jan Engelmann. Im gemeinnützigen Bereich ist das dagegen freiwillig. Viele kleinere Stiftungen verzichten gleich ganz auf einen Bericht. Nicht unbedingt eine gute Idee: „Wer keinen Jahresbericht veröffentlicht, vergibt wertvolle Chancen – etwa auf künftige Zustiftungen.“
Engelmann ist Geschäftsführer der Social Reporting Initiative (SRI). Der Verein zeichnet jedes Jahr soziale Organisationen aus, die besonders überzeugend über ihr Engagement berichten. „Viele kleine Vereine veröffentlichen Berichte in erstaunlich hoher Qualität“, erzählt er. Doch es gibt auch noch viel zu tun: „Oft stürmt der Vorstandsvorsitzende im Februar in die Geschäftsstelle und sagt: Wir müssen noch alles aufschreiben, was wir letztes Jahr gemacht haben.“ Das Ergebnis: Der Leser sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht.
Leitfaden hilft NPOs beim Jahresbericht
„Wir empfehlen da eine stärker strukturierte Vorgehensweise“, sagt Engelmann. Dafür hat die SRI den Social Reporting Standard entwickelt. Der Leitfaden soll Initiativen helfen, einen Jahresbericht zu erstellen. Der Fokus liegt dabei auf der Wirkungsorientierung: „Ein gut gemachter Jahresbericht ist eine Lernhilfe, weil die Organisation darüber reflektiert, was sie erreicht hat.“ Damit das gelingt, sollten sich die Verantwortlichen fragen: Welche Wirkung hatten unsere Aktivitäten? Also zum Beispiel: Was haben wir durch die Konferenz erreicht?
„Ein Jahresbericht dient dazu, Resümee zu ziehen und die Erfolge noch einmal in den Fokus zu rücken“, sagt Miriam Rupp, Geschäftsführerin der Agentur Mashup Communications. Non-Profit-Organisationen stellt das oft vor eine besondere Herausforderung: „Wie überzeuge ich jemanden, wenn er erstmal keine Gegenleistung erhält?“ Ein häufiger Fehler besteht darin, einfach alle Projekte des vergangenen Jahres aufzulisten. „Dabei ist es viel anschaulicher, eine Geschichte zu erzählen“, rät die Autorin des Buchs „Storytelling für Unternehmen“.
Anekdoten und Meinungen illustrieren die Projektarbeit
Zu einer guten Geschichte gehört ein Protagonist, außerdem braucht es einen Konflikt oder eine Herausforderung. „Es ist gar nicht nötig, dass sich die Hilfsorganisation immer selbst als Held darstellt“, erklärt Rupp. Der Held der Geschichte könne genauso gut ein Mitarbeiter sein, ein Spender oder jemand, dem geholfen wurde. Der Spendenempfänger sollte dabei nicht nur als hilfsbedürftig gezeigt werden, sondern als Mensch – mit Interessen, Wünschen und Hoffnungen. „Es ist wichtig, nicht bloß auf Mitleid zu setzen.“
Auch für Engelmann machen Anekdoten und Geschichten im Jahresbericht Sinn, wenn sie die Projektarbeit illustrieren. „Es darf im Jahresbericht ruhig menscheln.“ Allerdings dürfe auch die Analyse nicht zu kurz kommen. Organisationen könnten dafür etwa Interviews mit der Zielgruppe darüber führen, was ihr Angebot tatsächlich gebracht hat. Der nächste Schritt wäre eine systematische Evaluation: „Die meisten Stiftungen oder Vereine kennen die wichtigen Indikatoren in ihrem Gebiet. Aber die wenigsten trauen sich, auch eine Benchmark festzulegen.“ Dabei sei das enorm hilfreich.
Wer den Social Reporting Standard regelmäßig nutzt, bekommt so auch ein Instrument zur Organisationsentwicklung an die Hand. „Das ist keineswegs nur ein Tool für große Organisationen“, sagt Engelmann. Gerade kleinere Initiativen täten sich oft leichter, einen guten Jahresbericht zu verfassen, weil sie sich nur auf ein Thema konzentrierten.
Magazin-Journalismus als Orientierungshilfe
Rupp empfiehlt, sich beim Layout an gutem Magazin-Journalismus zu orientieren und ein Thema auch mal breiter aufzubereiten – größere Überschriften, mehr Bilder, Weißraum. Selbst Statistiken lassen sich oft visuell darstellen, als Infografik, die zur Organisation passt. „Beim Sprachgebrauch sollte man sich am Laien orientieren und nicht zu viele technische Begriffe verwenden.“ Daneben sei Abwechslung innerhalb des Berichts wichtig, damit sich nicht immer dasselbe Format wiederhole.
Der klassische Jahresbericht erscheint gedruckt und wird vielleicht noch als PDF ins Netz gestellt. „Man kann das aber – gerade online – auch noch viel dynamischer aufbereiten“, sagt Rupp. So bietet es sich etwa an, einige Zahlen, Storys oder Bilder zusätzlich für die Social-Media-Kanäle aufzubereiten. So entfaltet der Bericht seine Wirkung über einen viel längeren Zeitraum. „Der größte Fehler ist ein 100-seitiges Dokument, das aus einer reinen Bleiwüste besteht“, warnt die Agenturchefin.
„Jahresberichte, die mit zu viel Text überfrachtet sind, landen häufig im Papierkorb“, bestätigt Engelmann. Außer an Mitglieder und potenzielle Spender richtet sich die Bilanz auch an die interessierte Öffentlichkeit, an Partnerorganisationen, Journalisten oder künftige Mitarbeiter auf Jobsuche. Engelmann rät deshalb dazu, kurz und knackig zu erklären, wofür die Organisation steht: Wer sind wir? Was wollen wir? Und: Was haben wir erreicht?
Text: Peter Neitzsch
Foto: AdobeStock/rawpixel.com
Der Artikel ist in der Ausgabe 1/2018 des Fundraiser-Magazins erschienen.
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