30. Schweizer Stiftungstag: Datenschutz und Cryptostiftungen

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Hunderte Teilnehmer kamen zum Schweizer Stiftungstag von proFonds nach Bern.

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Im Mittelpunkt des diesjährigen Schweizer Stiftungstags standen aktuelle Themen wie das neue EU-Datenschutzgesetz und seine Auswirkungen auf die Schweiz, Cryptostiftungen und die Revision des Geldwäschereigesetzes. Zeit zum ausgiebigen Netzwerken blieb natürlich auch. Unsere Autorin Katja Prescher war dabei und hat das Wichtigste zusammengefasst.

Pro Tag gründet sich eine neue Stiftung, aber eine halbe verschwindet – mit etwa 350 Stiftungsgründungen pro Jahr kann die Schweiz eine solide und stabile Entwicklung vorzeigen. „Die 13.000 gemeinnützigen Stiftungen und schätzungsweise genauso vielen gemeinnützigen, steuerbefreiten Vereine machen den Sektor in der Schweiz zu einem starken. Das hängt auch damit zusammen, dass das Stiftungs- und Vereinsrecht in der Schweiz sehr liberal ist“, betont François Geinoz, Präsident proFonds, in seiner Begrüßungsrede auf der diesjährigen Jubiläumstagung am 7. November 2018 im Zentrum Paul Klee in Bern.

Auf dem Netzwerktreffen unter dem Motto „Stiftungen zwischen Freiheit, Regulierung und den Herausforderungen von heute“ informierte proFonds hunderte Teilnehmer über die wichtigsten Neuigkeiten und Herausforderungen, die insbesondere mit der Digitalisierung, aber auch mit neuen Gesetzgebungen auf Stiftungen und gemeinnützige Vereine zukommen.

Stiftung Fokus Familie gegründet

Der Stiftungstag startete mit einer spannenden Geschichte einer sehr jungen Zentralschweizer Stiftung, die Familien in ihrer Region unterstützt. „Jede Spende bleibt in der Schweiz“ – das ist Christian Bernet, einer der drei Stifter der kürzlich gegründeten Stiftung Fokus Familie, wichtig. Ihr Angebot stösst auf grosses Interesse. Das Besondere sei, dass Kurse für benachteiligte Familien subventioniert werden und alle anderen mit einem Kostenbeitrag teilnehmen. Dadurch entstünde ein Austausch zwischen Familien mit unterschiedlichen Gesellschaftsgeschichten.

Die Stiftung hat sich Hilfe zur Selbsthilfe zur Aufgabe gemacht, was auch ihr Leitsatz verdeutlicht: „Nicht den Fisch geben. Das Fischen lehren.“ Der Weg zur Steuerbefreiung über die Dienststelle des Kantons war laut der Stifter anfangs steinig. Sie schenkte den Gründern nur wenig Vertrauen. Die Stifter erhielten während der Gründungsphase aber auch viel Unterstützung über den Austausch mit anderen Stiftungen.

Stiftungen zwischen Freiheit und Regulierung

Welche Rahmenbedingungen sind die richtigen, damit sich Stiftungen, Vereine, NPOs am besten entfalten und ihre gemeinnützigen Zwecke am effizientesten verwirklichen können? Besteht eine Gefahr einer Überregulierung?

Die Referenten diskutierten Fragen und gaben die Sicht von Politik, Wissenschaft, Gesellschaft und Stiftungen wieder. Dr. Peter Grünenfelder, Direktor Avenir Suisse, sprach über die Stifterfreiheit und -autonomie, die im Zentrum stehen müsse und die in der Schweiz sehr hoch sei. Ein Stifter könne vor Gründung sehr viel entscheiden und festlegen – ein wichtiger Wert für das Stiftungswesen. Der Wettbewerb der Stiftungen müsse erhalten bleiben und dürfe nicht mit „teuren" Regularien eingeschränkt werden.

Prof. Dr. Georg von Schnurbein, Direktor Center for Philanthropy Studies (CEPS) der Universität Basel, plädierte für eine gesunde Stiftungsdynamik und sprach sich gegen zusätzliche gesetzliche Vorschriften aus. Stiftungsgründungen seien ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Engagements. Ziel müsse es sein, dieses Engagement zu fördern. Bei einer Fehlentwicklung dürfe nicht direkt das gesamte Stiftungswesen unter Generalverdacht gestellt werden.

Entscheid über die Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte

proFonds informierte auch über das Verfahren zur Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte von Bruno Stefanini, welches nun nach einer etwa fünfjährigen Verfahrensdauer abgeschlossen sein soll. Stiftungsrechtlich wurde abgesegnet: Eine Stiftungsurkunde könne vorsehen, dass der Stifter im Fall einer Verhinderung seine Nachkommen als Mitglieder des Stiftungsrates ernennt. Die Stiftungsfreiheit liesse dies zu, jedoch nur in der Richtungsphase, später nach Trennungsprinzip sei dies nicht mehr möglich. Die Aufsichtsbehörde könne einschreiten, wenn diese Freiheit nicht richtig ausgenutzt würde. proFonds berichtete, dass der Sachverhalt entlassen, der gesamte bisherige Stiftungsrat ausgewechselt sei und sich zwei Kinder des Stifters nun im Stiftungsrat befänden.

Revision des Datenschutzes

„Das Datenschutzgesetz betrifft auch Stiftungen und gemeinnützige Vereine, um Grundrechte der betroffenen Personen zu schützen.“ Sebastian Rieger, Rechtsanwalt bei Dufour Advokatur in Basel, sieht Handlungsbedarf. Derzeit gelte zwar der Datenschutz in der Schweiz (DSG) vom 19. Juni 1992. Datenverarbeiter in der Europäischen Union müssten jedoch seit dem 25. Mai 2018 Anforderungen der EU-Datenschutzgrundverordnung erfüllen.

Sebastian Rieger betonte in seiner Rede, dass in der Schweiz die Revision in vollem Gange und das Inkrafttreten des neuen Datenschutzgesetzes in 2019 geplant sei. Für die Schweiz wäre dies wichtig, da das Datenschutzniveau in der EU in den letzten Monaten wesentlich anstieg. „Wir haben eine Diskrepanz zwischen unserem und dem Datenschutzniveau in der EU. Der Entwurf mit 67 Artikeln mit Rechten und Pflichten, der momentan im Parlament beraten wird, sieht für uns ebenfalls eine Übergangsfrist von zwei Jahren vor. Im Hinblick auf die zeitliche Dringlichkeit kann es sein, dass die geplante zweijährige Übergangsfrist verkürzt wird. Das spielt für Sie, also diejenigen, die Daten verarbeiten, eine sehr grosse Rolle, weil es sein kann, dass Sie schnelle Massnahmen ergreifen müssen.“

Das neue Gesetz sehe Bussen bis zu 250.000 Schweizer Franken vor. Der grosse Unterschied: In der EU hafte die Institution, also die juristische Person. In der Schweiz richte sich das Datenschutzgesetz mit den Strafbestimmungen als Nebenstrafrecht an natürliche Personen. Den Datenschutz sieht Sebastian Rieger als Teil der Risikobeurteilung und des Risikomanagements, unabhängig von der Stiftungs- oder Vereinsgrösse. „Sie haben jetzt die Möglichkeit, mit Blick über die Grenze zu antizipieren, was früher oder später ohnehin auf Sie zukommen wird – damit Ressourcen und Kosten besser budgetiert und verteilt werden können.“

Pia Schatzmann, Verantwortliche Stiftungsfundraising der Stiftung Heilsarmee Schweiz, sagt dazu: „Ich hätte nie gedacht, dass das Thema Datenschutz auf so anschauliche Art und Weise präsentiert werden kann. Das Referat von Prof. Dr. Beat Rudin hat einige meiner brennenden Fragen beantwortet. Der Stiftungstag von proFonds zeigt auf inspirierende Weise die Vielfalt des Schweizer Stiftungssektors.“

Noch Unsicherheit bei Cryptostiftungen

Erstmals tauchten im vorletzten Jahr etwa 30 Cryptostiftungen auf, in den letzten zwölf Monaten wurden weitere 28 gegründet mit Sitz in Zug, wobei Stiftungsräte weltweit verstreut sind, so Dr. Harold Grüninger, Fachanwalt SAV Erbrecht und Partner von Homburger AG, Zürich. Diese neue Stiftungsgattung mit dem Zweck der Entwicklung von Software, Applikationen und Blockchain-Technologien für ein breites Publikum sei eine prägende Erscheinung, soll die Eidgenössische Stiftungsaufsicht berichtet haben.

Harold Grüninger fragte, wie beim Phänomen Cryptowährung die Aufsicht ausgeübt wird. Die Eidgenössische Stiftungsaufsicht (ESA) wisse noch nicht, wie sie damit umgehen solle. Sie könne nicht die reine Rechtskontrolle vornehmen, wie sie es gewohnt sei. Die Finanzmarktaufsicht ist der Meinung, dass Cryptostiftungen unter Umständen der Finanzmarktaufsicht unterstellt sind, wenn sie als Finanzintermediäre interagieren würden. Hätten sie eine Bankbewilligungspflicht und Publikumseinlagen und würden sie mit Effekten handeln, so unterstünden sie dem Effekten- oder Börsengesetz. Würden sie fremdverwaltet, wären sie dem Kollektivanlagerecht unterstellt.

Neben den aufsichtsrechtlichen Fragen stellte proFonds auch steuerrechtliche Fragen: Wann sind diese Stiftungen gemeinnützig? Wie werden Vermögenswerte versteuert? Oftmals sei das Stiftungsvermögen in Cryptowährungen vorhanden. Hier lege die eidgenössische Steuerverwaltung pro Jahr einen offiziellen Kurswert fest, anhand dessen die Steuerbehörden den Steuerwert der Cryptowährung berechne. Guthaben würde als Vermögenssteuer versteuert.

Revision des Geldwäschereigesetzes (GWG)

Neben den Cryptostiftungen, der Digitalisierung und dem Datenschutz-Revisionsbegehren gab es einen zweiten grossen Themenkomplex, der proFonds in diesem Jahr beschäftigte: die Revision des Bundesgesetzes über die Bekämpfung der Geldwäscherei in der Terrorismusfinanzierung (GWG). Grundsätzlich sei nicht jede Spende ein Risikofaktor, aber hier bestünden gesetzliche Grundlagen, die unter Umständen die Annahme einer Spende – wenn sie aus deliktischer Herkunft stamme – unter Strafe stellen. Strafbar mache sich derjenige, der die Spende (Geld- und Naturalspende) annehme.

proFonds warnt: Es sei für Stiftungen und gemeinnützige Vereine wichtig zu wissen, dass diese Problematik auf uns zukäme und bereits existiere. Darum empfiehlt proFonds, Mitarbeiter der Geschäftsführung zu sensibilisieren und zu schulen. Es könnten konkrete Abklärungen getroffen werden, wenn solche Spenden angeboten würden. Folgende Fragen seien zu klären: Wer ist der Spender? Warum erfolgt die Spende? Woher kommt die Spende? Kommt das Geld von einem Unternehmen, von einer Bank? Wie hoch ist die Spende? Wie ist mit solchen Informationen umzugehen? Hier empfiehlt proFonds interne Regelungen festzulegen, Indizien, die für Spenden illegaler Herkunft sprechen. Prüfungsabläufe sollten in den Alltag implementiert werden.

Networking und zufriedene Teilnehmer

Im Anschluss an die inputreichen Referate gab es ausreichend Zeit zum Netzwerken. Bei delikatem Buffet wurde die Pause ausgiebig für Gespräche genutzt. Das wussten auch die Besucher zu schätzen: „Der Schweizer Stiftungstag ist ein guter Netzwerk-Event für gemeinnützig Tätige mit bunt gemischten Themen. Ausgesprochen beruhigend waren die Worte ‚don't panic‘ im Vortrag des Datenschutzbeauftragten der Stadt Basel im Hinblick auf die DSGVO“, sagte Thomas Witte, Leiter Marketing und Kommunikation bei der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi.

Auch Gérard Guye, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Stiftung Schweizerische Schule für Blindenführhunde Allschwil, zieht ein positives Fazit: „Ich nehme verschiedene Themen als Anstoss mit, die wir in unserer Organisation vertieft abklären und umsetzen werden. Die Stiftungen stehen im Spannungsfeld von Politik und Wirtschaft und werden bei der gesetzlichen Umsetzung leider oft vergessen, daher ist eine stete Lobby-Arbeit unabdingbar, um diesen Wirtschaftszweig entsprechend zu berücksichtigen. Der Schweizer Stiftungstag bietet ein abwechslungsreiches und spannendes Programm mit sehr guten Referaten zu aktuellen Themen sowie interessante Podiumsdiskussionen mit Vertretern aus Staat-, Profit- und Non-Profit-Bereichen. Auch die Organisation ist stets hervorragend.“

Zum Ausklang des Schweizer Stiftungstags 2018 luden proFonds und die Vereinigung Europäischer Stiftungsweingüter e.V. zu einer Degustation von Stiftungsweinen ein.

Text und Foto: Katja Prescher

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